Freitag, 24. Mai 2013

BEN






Da denkt man an nichts Gütiges, und dann das: Seh ich doch ein Nummernschild, auf dem BEN prangt.

Als 2004 „Schotts Sammelsurium“ von BEN Schott auf den Markt kam, entschieden sich die Geschäftsführer einer Werbeagentur, für die ich damals textete (siehe BET), das Werk als Aufhänger inklusive Anschreiben und Flyer für eine Aussendung an potenzielle Kunden zu schicken.

Klar, dass Agenturmitarbeiter Wind davon und diverse Exemplare in die Hände bekamen. Ein Senior Texter – ein ruhiger Vertreter seiner Zunft, der gelegentlich aufbrauste quasi ein Pantomime mit Tourette-Syndrom – kam über Seite 17 nicht hinaus und fand die „Werke der Barmherzigkeit“ perfekt auf seinen Job, seine Situation und die Agentur zugeschnitten.

Diese Werke sind Taten christlicher Nächstenliebe. Traditionell unterscheidet man zwischen den geistigen und den leiblichen Werken der Barmherzigkeit.

Normalerweise galt in der Agentur die Clean-Desk-Policy. Aufgeräumte Tische, weiße Wände – also keinen Krimskrams, keinen Firlefanz, keinen Schnickschnack. Von seinem Art-Partner ließ der Texter zwei DIN-A1-Plakate gestalten und hing sie an die Wand seines Büros. Eins mit den geistigen Werken:

Unwissende belehren

Zweifelnden raten

Trauernde trösten

Sünder zurechtweisen

Dem Beleidiger verzeihen

Unrecht ertragen

Für die Lebenden und Toten beten

Und selbstverständlich auch ein zweites Plakat mit den leiblichen Werken:

Hungrige speisen

Durstige tränken

Nackte bekleiden

Fremde beherbergen

Kranke besuchen

Tote begraben

Als der Mitinhaber der Agentur die Plakate sah, ließ er den Texter, der mittlerweile inoffiziell „Der Bruder der Barmherzigkeit“ genannt wurde, gewähren. Und falls ihm ein Berater doof kam, zückte er seinen Laserpointer und fixierte den jeweiligen Punkt.

So viel Gütiges zu BEN.




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