Da
denkt man an nichts Gütiges, und dann das: Seh ich doch ein Nummernschild, auf dem
BEN prangt.
Als 2004 „Schotts Sammelsurium“ von BEN Schott
auf den Markt kam, entschieden sich die Geschäftsführer einer Werbeagentur, für
die ich damals textete (siehe BET), das
Werk als Aufhänger inklusive Anschreiben und Flyer für eine Aussendung an
potenzielle Kunden zu schicken.
Klar, dass Agenturmitarbeiter Wind
davon und diverse Exemplare in die Hände bekamen. Ein Senior Texter – ein
ruhiger Vertreter seiner Zunft, der gelegentlich aufbrauste quasi ein Pantomime
mit Tourette-Syndrom – kam über Seite 17 nicht hinaus und fand die „Werke der Barmherzigkeit“ perfekt auf seinen Job, seine Situation und die Agentur
zugeschnitten.
Diese Werke sind Taten christlicher
Nächstenliebe. Traditionell unterscheidet man zwischen den geistigen und den
leiblichen Werken der Barmherzigkeit.
Normalerweise galt in der Agentur die
Clean-Desk-Policy. Aufgeräumte Tische, weiße Wände – also keinen Krimskrams,
keinen Firlefanz, keinen Schnickschnack. Von seinem Art-Partner ließ der Texter
zwei DIN-A1-Plakate gestalten und hing sie an die Wand seines Büros. Eins mit
den geistigen Werken:
Unwissende belehren
Zweifelnden raten
Trauernde trösten
Sünder zurechtweisen
Dem Beleidiger verzeihen
Unrecht ertragen
Für die Lebenden und Toten beten
Und selbstverständlich auch ein zweites
Plakat mit den leiblichen Werken:
Hungrige speisen
Durstige tränken
Nackte bekleiden
Fremde beherbergen
Kranke besuchen
Tote begraben
Als der Mitinhaber der Agentur die Plakate
sah, ließ er den Texter, der mittlerweile inoffiziell „Der Bruder der
Barmherzigkeit“ genannt wurde, gewähren. Und falls ihm ein Berater doof kam,
zückte er seinen Laserpointer und fixierte den jeweiligen Punkt.
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