Da
denkt man an nichts Kreatives, und dann das: Seh ich doch ein Nummernschild, auf dem
ART prangt.
Führt mich zurück in die Achtziger –
zur Kochausbildung ins Ländle (siehe PIROL, TRIO und BBQ). Neben dem praktischen Teil im Restaurant gab es selbstverständlich
auch einen theoretischen Teil in der Berufsschule. Nach vier Monaten Praxis
standen acht Wochen Theorie als Blockunterricht auf dem Programm.
Der erste Tag in der Berufsschule hatte
es in sich und ich mich am Morgen heillos verfranzt. Mit einem Becher Coke von
McD bewaffnet, entdeckte ich endlich das Gebäude und schritt darauf zu. Als ich
quer über den Parkplatz ging, kam es zum Crash. Ein schwarzes VW Käfer Cabrio
mit sandfarbenem Verdeck touchierte meine Beine, bevor es mit lautem Quietschen
zum Stehen kam. Ich geriet ins Wanken und ließ vor lauter Schreck meinen Becher
los, der in hohem Bogen aufs Verdeck fiel. Glücklicherweise war es verschlossen
– blöderweise nur wasserdicht, aber nicht cokeresistent.
Die Fahrerin des Käfers stieg mit weichen
Knien aus und erkundigte sich nach meinem Wohlbefinden und meinen Schienbeinen.
Als wir das geklärt hatten, beobachteten wir, wie die braune Brause langsam ins
sandfarbene Verdeck zog statt abzuperlen.
Sie war Maja Maranow wie aus dem
Gesicht geschnitten und ungewohnt amüsiert von der neuen Optik ihres Wagens.
„Faszinierend. Sieht aus wie das
Primärstadium eines Jackson-Pollock-Werkes.“
Ich verstand nur Bahnhof. Das sah sie
mir wohl auch an. Sie bat mich, in der Mittagspause im Lehrerzimmer
vorbeizuschauen. Wie sich herausstellte, unterrichtete sie Deutsch und
Wirtschaftslehre in der Parallelklasse – bei den
Fleischern/Metzgern/Schlachtern je nach Region – und wurde von ihren Schülern
liebevoll ‚Schwäbisch Prall’ genannt.
Sie kam und lud mich auf ein Leberkäsebrötchen
ein. Schließlich fabrizierten die Fleischer/Metzger/Schlachter jeden Mittag
Leberkäse en masse, um ein bisschen Kohle in die klammen Kassen zu spülen.
Schwäbisch Prall entschuldigte sich für
den morgendlichen Vorfall. Nachdem sie meine blanken Beine und mittlerweile
blauen Flecke unter die Lupe nahm, nahm sie einen weiteren Vorstoß, mir etwas
von Jackson Pollock nahezubringen. Leider stieß sie damals auf taube Ohren. Ich
war erst wieder aufnahmefähig, als sie sagte, ich solle mir fürs Wochenende
nichts vornehmen.
Im Ländle beginnt das Wochenende
scheinbar schon Freitagmittag. Zumindest fing sie mich gegen 12 Uhr vor der
Küche der Berufsschule mit einem Leberkäsebrötchen ab und geleitete mich zum
Parkplatz. Mir wurde leicht übel ob der demnächst anstehenden Zahlungen, als
ich das von mir verunstaltete Verdeck des Käfers in Augenschein nahm. Sie nahm
es komischerweise mit Humor.
Zwei Stunden später Richtung Schweizer
Grenze erreichten wir das Ziel: die lichtdurchflutete 70er-Jahre-Villa im
Bauhaus-Stil ihres Onkels. In der Eingangshalle empfing uns eben jener samt
Gemahlin und ein atemberaubendes Gemälde von Jackson Pollock – dem Meister des
Action Painting und vermutlich Erfinder der Drip-Painting-Technik. Das Werk Number 31 von 1950 – etwa zweieinhalb mal fünf Meter groß – füllte auf bemerkenswerte
Art und Weise das Entree und hatte verdammte Ähnlichkeit mit dem Verdeck des
Käfers. Langsam fiel der Groschen.
Es war natürlich nicht das Original –
das original Kunstwerk dürfte wohl noch im Museum Of Modern ART in New York zu bewundern sein –, sondern ein Foto des Gemäldes auf Leinwand gezogen.
Nicht minder spektakulär.
Der Onkel machte schließlich noch vom
Garagendach aus ein Foto vom Verdeck des Käfers und schenkte es Schwäbisch
Prall zu Weihnachten. Auf A0 geprintet und ebenfalls auf Leinwand gezogen. Wer
hätte das gedacht, wozu Coke fähig ist.
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