Da denkt man an nichts Rotes,
und dann das: Seh ich doch
ein Nummernschild, auf dem LAW prangt.
Während meiner HHer Zeit wohnte ich zehn Jahre lang in
einer klassischen Dreizimmer-Altbauwohnung im Generalsviertel in Hoheluft-West
(siehe TÜTE).
Zwei Wohnräume wurden durch Flügeltüren getrennt, ein
separater Raum diente als Schlafzimmer. Das Quartier hatte den üblichen
Schnickschnack: Stuck, Holzdielen, Kassettentüren sowie einen langen Flur, ein
kleines Badezimmer, einen großen Balkon und eine geräumige Küche.
Letztere war klassisch weiß gehalten. Weiße Einbauküche,
weiße Wände, weiße Decke, weiße Vorhänge, weißer Linoleumfußboden, weiße
Waschmaschine, weißer Herd und weißer Kühlschrank.
Seit frühester Jugend hatte ich die Angewohnheit meines
Vaters angenommen, Lebensmittel kurz, aber heftig zu schütteln. Sei es Joghurt,
Sahne, Milch, Säfte, Dosen oder Gläser. Und ganz besonders schon angebrochene
Ketchupflaschen wie eine Peitsche zu schwingen, um die rote Würzsauce zum
Flaschenhals zu treiben.
Eines Abends trieb ich mich in der Küche rum. Auf dem Herd
köchelten die Töpfchen vor sich hin. Im Kühlschrank wartete der Ketchup darauf,
ans Tageslicht zu kommen. Ich erfüllte ihm den Wunsch. Ging die fünf Meter vom
Herd zum Kühlschrank, nahm die 450-ml-Squeeze-Ketchupflasche von Heinz heraus,
wanderte zum Herd zurück und nutzte die paar Meter für einen kräftigen
Peitschenhieb, damit sich die rote Sauce ein bisschen locker macht.
Alles schön und gut, bis ich bemerkte, dass etwas Feuchtes
von meinem Handrücken tropfte. Dachte schon, ich hätte mich ohne Messer
geschnitten. Vollzog den Zungentest und schmeckte den Ketchup. Betrachtete mein
weißes T-Shirt, das nun eine Lightversion des peruanischen Fußballnationalmannschaft-Trikots war. Ein roter Querstreifen, der – als ich
mich umsah – sich durch die Küche zog. Vom Kühlschrank über Decke und Boden bis
hin zum Herd und den Vorhängen. Ganz wunderbar. Der Appetit ist mir natürlich
schlagartig vergangen.
„Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen“,
lautet Murphy’s LAW. Nicht das obligatorische
Marmeladentoast, das auf die Marmeladenseite fällt, sondern ein
Ketchupschwinger quer durch die Küche, der einen Besuch im Baumarkt am
Wochenende zur Folge hatte, war mein neugeschriebenes Küchengesetz, als ich rot
sah.
Scheinbar war der Plastikdeckel nach dem letzten Gebrauch
nicht ordnungsgemäß zugedrückt worden und schon hatte man eine gestreifte
Schweinerei in der Küche an der Backe.
Und was hatte ich daraus gelernt? Kontrolliere stets die
Dinge, die ich schüttle oder schwinge.
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