Da
denkt man an nichts Kurioses, und dann das: Seh ich doch ein Nummernschild, auf dem
PEN prangt.
Während meines zweiten Berliner
Agenturaufenthalts (siehe WITZ, WAS und PLI)
hatte ich Kontakt zu einem weiteren Senior Texter. Wir texteten für unterschiedliche
Kunden, tauschten uns aber ständig aus, da er das Büro nebenan bewohnte. Er
trug ausnahmslos schwarze Klamotten und eine glatt polierte Fleischmütze. Sein
Hinterkopf zierte ein Tattoo mit dem Konterfei Jokers – einer der Gegenspieler
Batmans. Auch sein Körper war halbseitig tapeziert mit Drachen und Schlangen.
Er war ein umgänglicher Zeitgenosse. Vorausgesetzt, man hatte beruflich keine
gemeinsamen Berührungspunkte.
Joker hatte strikte Abläufe: Kam
pünktlich um neun Uhr und ging exakt um 19 Uhr. Ein extremes Essverhalten:
Montags bis freitags holte er sich mittags drei Hamburger von McD, zog sich die
Buletten aus dem Burger und mit einem Becher Sour Cream rein in den Leib. Das
durchweichte Brötchen samt Gemüse- und Saucenbeilage stellte er dem Allgemeinwohl
oder -übel zur Verfügung in die Agenturküche. Je ein Tetra Brik Apfelmus und
Vanillesauce von Aldi rundeten sein tägliches Mittagsmenü ab. Er hatte gewisse
Defizite, die rein zwischenmenschlicher Natur waren. Und ungeahnte Talente: Er
konnte das Alphabet rülpsen, wie wir fast täglich nach der Speisenfolge
feststellen konnten und mussten.
Eines Vormittags rief mich ein
Kundenberater aus Jokers Team an und bat mich, an einem Meeting teilzunehmen,
da Joker nicht aufgetaucht war. Ungewöhnlich. In den dreieinhalb Monaten, die
er bis dato in der Agentur verweilte, hatte er weder einen Urlaubstag genommen
noch krankgefeiert.
Tage und Wochen vergingen, ohne ein
einziges Lebenszeichen von Joker. Kein Mitarbeiter hatte privaten Kontakt zu
ihm – welch Wunder. Sowohl Personalabteilung als auch Empfang hatten keinerlei Telefonnummern von Verwandten oder Bekannten. Man stand vor einem Rätsel.
Nach drei Wochen entschied die
Geschäftsführung, den verschlossenen Rollcontainer vom Hausmeister öffnen zu
lassen. Bis auf drei Dosen Sprühkleber und elf unangetastete Packungen voll mit
schwarzen Faserschreibern – Sign PEN der Marke Pentel – war
nichts Brauchbares zu finden.
Da waren sie also: 132 schwarze Pentel Sign Pen in des Nachbars Büro. Kuck an, uns einte, dass wir dieselben Stifte
nutzten. Auch ich schrieb und schreib nur mit einem schwarzen Pentel Sign Pen.
Kleine Welt.
Eine andere Welt machte sich auf, als
wir nach vier Monaten erfuhren, dass Joker hinter schwedischen Gardinen saß. Ne
Drogengeschichte.
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