Da denkt man an nichts Wiederkäuendes,
und dann das: Seh ich doch
ein Nummernschild, auf dem KUH prangt.
In vielen Berufen werden Sprüche geklopft und
Begrifflichkeiten wieder und wieder rausgeholt. So auch in der Werbung. Zu
meiner HHer Zeit machte das Berater-Bullshit-Bingo die Runde mit Begriffen
wie Synergie, Benefit, Corporate Identity, Szenario, Chance, Risiko, Vision und
Benchmark – um nur einige der 25 zu nennen.
Hatte man fünf Worte in denkwürdigen Meetings
aufgeschnappt, konnte man aufstehen und „Bullshit“ brüllen. Brüllen vor
Schmerzen konnten hingegen Kreative beim inoffiziellen
Kreativen-Bullshit-Bingo, wenn Berater oder Kontakter folgende Floskeln
raushauten.
„Die KUH vom Eis holen“
Bedeutung: Der Kunde ist nicht zufrieden, hat uns einen
Einlauf verpasst, Kreation muss noch mal Vollgas geben.
„Einen Tod müssen wir sterben“
Bedeutung: Wir können nicht beides anbieten, das
überfordert den Kunden. Kegelt eins raus.
„Es ist noch nicht in Sack und Tüten“
Bedeutung: Der Kunde hat noch kein finales Feedback
gegeben. Film, Funki, Anzeige, Copy oder was auch immer ist also noch nicht
durch.
„Holland in Not“
Bedeutung: siehe „Die Kuh vom Eis holen“.
„Ist doch Neger vor Hütte“
Bedeutung: Der Text sagt, was das Bild zeigt – ist also ne Bildbeschreibung.
Geht doch besser, oder? Bisschen mehr Sixt, bitte!
„Ist noch nicht in Essig und Öl“
Bedeutung: Der Entwurf ist noch im Grob-Layout-Stadium,
noch nicht fertig ausgearbeitet.
„Jetzt mal in die Tüte gesprochen“
Bedeutung: Mal so dahin gelabert, aber vielleicht ist an
der Idee ja was dran.
„Polen ist offen“
Bedeutung: Die Kreation ist frei, kann 360° denken, sich
austoben.
Sie wurden von der Beratung dermaßen stark penetriert, dass
man sie selbst immer wieder anbrachte – auch wenn es nicht angebracht war oder
passte –, um die Beratung zu verarschen. Sie hat es aber nicht geblickt.
Eine dieser Bullshit-Bingo-Floskeln in einer meiner letzten
Berliner Agenturen lautete: „Das machen wir auf der Tonspur“. Hieß, der Passus
kommt nicht in die Präse, wird nur verbal kommuniziert. Klar.
Klar musste man sich als Texter nicht nur mit der Beratung
rumschlagen, sondern natürlich auch dem CD Text oder Kreations-Geschäftsführer seine
Texte vorlegen. Und gegebenenfalls abschießen lassen.
Springer & Jacoby verschickte ein wunderbares Buch mit dem Titel „Abgeschossen“ vor zig
Jahren an Deutschlands Kreativelite, in dem viele Perlen stecken, die
man schon mal gehört bzw. selbst verbraten hat.
„Da
weiß ich ja gar nicht, was ich zuerst wegwerfen soll.“
(CD
zum Texter)
„Ich
glaub, das muss man sich selbst ausgedacht haben, um das zu verstehen.“
(Text-CD
zum Art-CD)
„Lern
erst mal Deutsch.“
(Texter
zum amerikanischen AD)
„Gibt
es irgendwas, das wir stattdessen rausschicken können?“
(Kontakter
zum Text-CD)
„Das
ist Art-Direktoren-Denke. Das heißt, soweit man da überhaupt von Denken
sprechen kann.“
(Texter
zum AD)
„Toll!
Das habe ich neulich auch im Lürzer’s gesehen!“
(Konter
eines Grafikers zum Art-CD)
„Es
gibt 26 Buchstaben. Warum hast du ausgerechnet die genommen?“
(CD
zum Junior-Texter)
„Schöne
Funkspots. Aber findest du nicht, dass wir die Firma mal erwähnen sollten?“
(CD
zur Texterin)
„Gibt
es das auch noch in gut, oder war das deine beste Idee?“
(Art-CD
zum AD)
„Wenn
du das mit deinem Gewissen vereinbaren kannst – aber komm hinterher nicht
angeheult.“
(CD
zum Texter)
„Ich
glaub, du bist einfach zu dumm, um das zu begreifen.“
(Art-CD
zur Texterin)
„Sach
ma, soll’n wir nich lieber über was Schöneres reden? Wie wär’s mit Ficken?“
(CD
zum Texter)
„Wir
haben doch alle Abitur, oder?“
(CD
zum Kunden)
„Bist
du eigentlich noch in der Probezeit?“
(CD
zum Junior-Texter)
„Das
kann schon sein, dass das genial ist – aber ich bin nun mal der Chef.“
(Alteigner
zur Texterin)
„Hör
mal, warum bleibst du nicht einfach zu Hause, heiratest und kaufst dir’n Hund?“
(CD zur
Texterin)
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